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Eine Welt ohne Amerika
 
 

Krüger, Reinhard: Das lateinische Mittelalter und die Tradition des antiken Erdkugelmodells (ca. 550 – ca.1080). Eine Welt ohne Amerika, Band III
ISBN 3- 89693-163-6 (11/2000)
Der Titel ist vergriffen

In dem hier vorliegenden Band wird der Kontakt zwischen den nicht-lateinischen Völkern und der römischen Kultur nachgezeichnet, so wie er sich besonders seit dem 6. Jahrhundert abzeichnete, als die neuen Völker staatliche Funktionen auf ehemals römischem Reichsgebiet übernahmen. Dieser Vorgang führt zu einer praktisch unmittelbaren Übernahme griechisch-römischer Konzepte des Erdraumes, die sich vielfach vor dem Hintergrund einer Assimilation dieser Völker an eine bereits mit antikem Verständnis kritisch durchleuchtete, christliche Schöpfungsgeschichte und Kosmologie vollzog.

Inhalt
 
Vorwort: Die ‘Barbaren’ und die Tradition des griechisch-römischen Weltmodells’
I. Römische Geographie und Kosmologie im Ostgotenreich: Cassiodor und die Sicherung des lateinischen Wissens
1. Die christlich-symbolische Nobilitierung der Septem artes liberales
2. Jupiter als Geometer und der christliche Gott
3. Die Astronomia als Wissenschaft von der Welten-Sphäre und das universale Ei
II. Bischof Jornandes von Ravenna: die Integration nordischer Raumerfahrung in die lateinische Geographie
1. Von Taprobane (Ceylon) nach Skanzia (Skandinavien): die rhetorische Vorführung der Inseln der Welt
2. Der Seeweg von Indien nach Iberien als mentale Raumkoordinate
3. Der vollständige Umlauf der Sonne um die Erdachse oder: der Himmel über den Völkern Nordskandinaviens
III. Der König und sein Bischof: Westgotenkönig Sisebut und Isidor von Sevilla diskutieren über die Gestalt der Erde
1. Ein inszenierter Dialog zwischen weltlicher und geistlicher Macht
2. Menschliche Körper, Hände und Räder als merktechnische Hilfen in der Kosmologie
3. Die Elemente als im Kreis tanzender Chor
4. Die Himmelssphäre und die pila der Erde in ihrem Zentrum
5. Die Gerechtigkeit Christi, der sensus spiritalis der Sonne und die Grenzen des Globusmodells
6. Das Wasser ‘über dem Firmament’ als Kühlmittel für die Himmelsachse
7. Die Wiederschrift des eigenen Textes: Etymologiae und De natura rerum
8. Das Atom, die Hyle und die Elemente
9. Der Blick über den Nordpol, die Erdkugel, der Orbis terrarum und die dreigeteilte Welt
10. Der Kontinent der Antipoden
11. Der Westgotenkönig als Kosmologe: Das Dankgedicht Sisebuts für Isidors De Natura Rerum
IV. Die Öffnung des Blicks nach Osten und die Einöde des Wassers im Westen: Die Cosmographia des Anonymus von Ravenna
1. Der Sonnenumlauf von Indien nach Irland und der Blick hinter den Horizont
2. Kann Christus als Sonne überall zugleich scheinen? Oder: die Erde als ros herophormum und die Folgen
3. Der nächtliche Umlauf der Sonne ‘hinter dem Rücken’ der fernen Länder
4. Der Ozean im Osten und die Unterteilung des Landes
5. Die Öffnung des Blicks nach Transindien und der versperrte Weg ins Paradies
V. Beda Venerabilis und der globus terrarum: Das astronomische und geographische Erbe der Antike im 8. Jahrhundert
1. De natura rerum und die globositas der Erde
2. Die Ungleichzeitigkeit der Mond- und Sonnenfinsternisse und der Schritt vom Modell zur Empirie
3. Mit dem Kugelmodell gegen die Vorstellung vom Schild (ancila) und der Trinkschale (scutella)
4. Zonenkarte und Erdglobus
5. Vorsicht in der Frage der Antipoden und der Perioiken
6. Das Konzept der erdumspannenden Nord-Süd-Bewegung
7. ‘Bedas’ De circulis sphæræ et polo und das Verhältnis von Theorie und Praxis
8. Beigabe: Theodulf von Orléans’ Beschreibung der Geometria, eine Sphäre haltend (ca. 760)
VI. Wynfrith gegen Feirgil von Aghaboc oder: wie Bonifatius den Virgil von Salzburg denunziert
1. Spuren eines christlichen Fundamentalismus im Westen
2. Darf es nach Augustinus Menschen ‘unter der Erde’ geben?
3. Die Ausgleichsposition des Papstes Zacharias
VII. Dicuils Liber de mensura orbis terrae (825): Weiße Nächte in Thule oder das Lob der geographischen Empirie
1. Computistik und Erdvermessung als Staatsauftrag im Karolingerreich
2. Die Ordnung geographischer Daten auf dem Kugelmodell
3. Geographische Traditionen und die Erfahrungen der Nordmeerreisen: aut ego in Thule
4. Welt- und Reiseerfahrung und Umwertung der Tradition
5. Philologische Textkritik und strukturell-semantisch offene Texte
VIII. Hrabanus Maurus: Die Erde als sfera und als rota oder eine Gratwanderung mit Lukrez
1. De compvto (820) und die Kugelgestalt der Erde
2. Rad, Kreis und Quadrat als Erdmodell bei Hrabanus Maurus
3. Atomtheorie und Lukrez-Spuren bei Hrabanus Maurus
4. Lukrezianisches bei Hrabanus Maurus: Anmerkungen zur Textstrategie der Wissensvernetzung
IX. Johannes Scottus Eriugena: Die von Gott angestoßene Weltkugel  und der globus terrae als ihr Zentrum
1. Eine Summe aus Platon, Aristoteles, Plinius, Basilius und Capella im 9. Jahrhundert
2. Genesis-Interpretation und globus terrae
3. Der brütende Vogel und das kosmische Ei
4. Die Lehre von den Vier Elementen
5. Simultaneität der Schöpfung des Seienden und Linearität seiner sprachlichen Repräsentation
6. Das Schöpferwort Gottes und das dynamische Universum als rollende Kugel auf geneigter Bahn
7. Die Interpretation von Genesis I.14 mit dem Experiment des Eratosthenes
a. Wie weit ist es bis zum Mond?
b. Die Sonnenuhr des Eratosthenes als Simulation des Universums
c. Der Umfang der Erdkugel nach Eratosthenes, dargestellt von Eriugena
d. Pythagoräische Formeln zur Berechnung des Umfangs der Erdkugel
e. Die Unebenheiten der Erdoberfläche und das Globusmodell
f. Mondkugel und Erdkugel: die unteren Himmelskörper
8. Die Legitimität der Welterkenntnis: Gotteswort und antike Kosmologie
9. Der Mensch hat ein Recht darauf, das Universum zu vermessen
X. King Alfred (849-899), Orosius und Boethius oder die erste volkssprachliche Beschreibung des orbis terrarum / middangeardes
1. Der Weg des antiken Kosmosmodells vom Latein in die germanischen Volkssprachen
2. Lateinische Geographie in angelsächsischer Übersetzung
3. Die Integration von Seefahrergeographien: Die Berichte der Seefahrer Ohthere und Wulfstan
4. Alfreds Boethius-Übersetzung und das Fortleben Platonischer Kosmologie bei den Angelsachsen
5. Die Kosmologie des Boethius in King Alfreds Übertragung: Buch, Abakus und Schild als Quellen kosmologischen Wissens
6. Die Vier Elemente und die Kosmologie des Timaios in angelsächsischer Sicht
7. Die Erde liegt im Kosmos wie das Eigelb im Ei
8. Die erste volkssprachliche Darstellung des Raumfluges, oder wie der geflügelte Geist sich der Erde enthebt
9. Die Kugel als Sinnbild Gottes oder: wie König Alfred den ‘Dichter’ Parmenides übersetzt
XI. Erzpresbyter Leo: Die Historia de preliis Alexandri Magni (ca. 951-969) und die Spolien antiker Kosmologie
1. Die spätantike Alexandertradition und das Wissen um den geographischen Raum
2. Die Alexanderrenaissance des 10. Jahrhunderts
3. Kosmologische Momente in der lateinischen Alexandertradition: Der ägyptische Ursprung der Geographie
4. Philipps Traum von der Schlange und dem Ei
5. Die pila ludicra, das symbolische Spielzeug des Darius oder: Alexanders Entscheidung für den Erdball
6. Die Erde und die ‘wundertätige Perle’ zu Füßen Alexanders
XII. Gerbert d’Aurillac (Papst Silvester II): Die Erdkugel und die Erdvermessung
1. Der Philosoph «Osthenes» und die Berechnung des Erdumfangs
2. Die Herstellung des Himmelsglobus als technisch-konstruktive Vorbereitung des Erdglobus
XIII. «Sô íst tiu érda sínuuelbíu.» Notker der Deutsche und die antike Kosmologie in deutscher Übersetzung
1. «Án déro spera uuás ter hímel áller . lúft únde uuázer .érda únde hélla»
2. Die Philologie erbricht alle Bücher ...
3. ... und trinkt das kosmische Ei in einem Zuge aus .
4. Wie Notker das Modell des kosmischen Eies bei Boethius findet
5. Geozentrismus, die Kugelgestalt der Erde und die antike Kosmologie bei Notker
6. «díu spera, díu in cella sancti galli nouiter gemáchôt íst» oder Globuskonstruktionen an der Wende vom 10. zum 11. Jahrhundert
XIV. Hermann der Lahme: Die Erdkugel und das Astrolabium
1. Der Import arabischer Astronomie an den Bodensee
2. Der Ptolemaiische Walzachora als planisphärische Himmelsprojektion
3. Geometrisches und empirisch-deskriptives Modell der Klimazonen
4. Der Erdglobus und die Justierung der Sonnenuhr
5. Die Berechnung des Erdumfangs mit dem Astrolab und mit Eratosthenes
6. Epilog: orbis terrae, terrenus orbis, universi orbis und der Begriff der Erdkugel bei Hermann dem Lahmen
XV. Adam von Bremen: Ein Erzbistum bis zum Nordpol und dessen Erkundung
1. Das Weltenende hinter Muspellsheim und Miðgarðr oder nur eine gescheiterte Expedition zum Nordpol?
2. Spuren von Macrobius und Capella bei Adam von Bremen
3. Die Erdkugel und die Kosmologie der ignorantes pagani
4. Die Erdscheibe und Miðgarðr in Snorri Sturlusons Gylfaginning und die lateinische Kosmologie (Exkurs)
5. Die Erdkugel, der Nordpol und die Erdumdrehung unter dem Polarstern: die Rede des alten Kriegers Starkad am Dänenhof
6. Das dänische Königreich und die Erfahrungen des Nordens
Abbildungsverzeichnis
Bibliographie